Der Innenrechtsstreit im öffentlichen Recht und im Zivilrecht.
Dörte Diemert
Entscheidungen über innerorganisatorische Konflikte haben in der Verwaltungsgerichtsbarkeit seit langem ihren festen Platz. Trotz der hohen Praxisrelevanz kann jedoch von rechtsdogmatischer Klarheit nicht gesprochen werden. Schon über den Gegenstand der sog. Innenrechtsstreitigkeiten besteht weitgehend Uneinigkeit: Zu ihnen werden teils nur die sog. Organstreitigkeiten, teils auch bestimmte mitgliedschaftliche Klagen gerechnet. Fragen nach Gegenstand und Konzeption des innerorganisatorischen Rechtsschutzes und dem Umfang der gerichtlich durchsetzbaren Rechte werden von der Rechtsprechung und der Literatur unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Lösungen zugeführt.
Die Autorin nimmt deshalb die aktuelle Diskussion um innerorganisatorischen Rechtsschutz im Bereich des Zivilrechts, insbesondere des Aktienrechts, zum Anlass, Grundfragen der Innenrechtsstreitigkeiten im öffentlichen Recht und im privaten Gesellschaftsrecht vergleichend zu untersuchen. Anhand des Fall- und Rechtsprechungsmaterials aus beiden Rechtsbereichen werden neue Perspektiven für die weitere Diskussion entwickelt. Es wird gezeigt, daß es um parallele Fragestellungen geht.
Nachgegangen wird der Frage, ob und inwieweit Organe, Mitglieder und Organmitglieder Träger subjektiver Innenrechte sind, und es werden die verschiedenen in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsschutzkonzeptionen erörtert. Dabei werden die Erkenntnisse aus dem Bereich des Verfassungs- und Verwaltungsprozessrechts und des Parlamentsrechts einbezogen. Unter Berücksichtigung der Rechtssatz- und Grundrechtsabhängigkeit subjektiver Rechte wird anschließend der Frage der Subjektivierung von Innenrechtspositionen nachgegangen. Schließlich werden die gewonnenen Erkenntnisse auf zwei praxisorientierte Streitkonstellationen angewendet: die mitgliedschaftliche Abwehrklage und die Rechtmäßigkeits- und Kompetenzkontrolle durch Organmitglieder.