Der Kampf gegen die Rechtswissenschaft
Franz Wieackers "Privatrechtsgeschichte der Neuzeit" und die deutsche Rechtswissenschaft des 20. Jahrhunderts
Viktor Winkler
Franz Wieackers „Privatrechtsgeschichte der Neuzeit“ ist eines der einflussreichsten juristischen Bücher des 20. Jahrhunderts, innerhalb wie außerhalb der Rechtswissenschaft. Viktor Winkler unterzieht das „Standard,werk“ einer tiefgreifenden Analyse und stellt es in den wissenschaftshistorischen Kontext, aus dem der junge hochbegabte All-round-Jurist Wieacker zu Beginn der 1930er Jahre die Bausteine entnimmt, die er mit viel Lust am Erzählen zu einer prägnanten (Kurz-) Geschichte des Rechts zusammenfügt. Diese Geschichtserzählung wird der Kern der von Wieacker noch vor 1945 entworfenen „Privatrechts,geschichte der Neuzeit“ und sie wird in dieser Form zu einem großen, auch internationalen Erfolg. Der Autor analysiert diese besondere Wirkung des Buches und der darin erzählten (Rechts-)Geschichte und ordnet sie ein als Teil einer viel größeren, bereits lange vor 1945 dominanten Strömung innerhalb der Rechtswissenschaft. Diese Strömung, die Viktor Winkler unter das provokante und nur scheinbar paradoxe Etikett eines „Kampfes der Rechtswissenschaft gegen die Rechtswissenschaft“ fasst, erlebte neuen Aufwind innerhalb der Rechtswissenschaft nach den 1960er Jahren – und begründete so auch den Erfolg der „Privatrechtsgeschichte der Neuzeit“ neu. Die damit in die Gegenwart reichenden Wirkungen des Buches sowie der Haltungen, die das Buch „nur“ in eine besonders gelungene literarische Form brachte, verdienen eine heutige, kritische Überprüfung. Viktor Winklers Arbeit leistet minutiös diese Überprüfung und will damit einen Beitrag dazu leisten, dass sich das Fach Rechtswissenschaft aus gewissen Fesseln löst, deren gefährliche, jedenfalls aber einengende Wirkung gerade von heutigen Juristen selten erwogen wird.