Der nichtwettbewerbliche Boykott.
Rechtliche Aspekte des gesellschaftlichen Einflusses auf den Marktverkehr.
Rainer Beisenwenger
Der außerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses veranstaltete Boykott von Unternehmen ist in erster Linie ein Instrument, einer kollektivierten Mehrzahl am Marktgeschehen Beteiligter einen Einfluß auf unternehmerische Entscheidungen zu ermöglichen. Das Ziel der Arbeit besteht vornehmlich darin, die vielschichtigen Interessen der am Streitgeschehen unmittelbar und mittelbar Beteiligten einer rechtlichen Wertung zuzuführen. Insbesondere der Verrufer und der Boykottierte sollen boykottbezogene Risiken abschätzen können. Die rechtliche Absicherung des unternehmerischen Risikos durch unternehmerbezogene Freiheitsrechte ist insbesondere dann einer Einschränkung ausgesetzt, wenn das unternehmerische Handeln soziale Kosten verursacht. Im Spannungsverhältnis von rechtlicher Verpflichtung (Normensystem) und sozialer Verantwortlichkeit (Marktsystem) des Unternehmers kann – unter Berücksichtigung ökonomischer Zweckmäßigkeit – die Marktkonformität des Boykotts begründet werden. Absolut rechtswidrig ist der Boykott nur, wenn er einen Rechtsmißbrauch bzw. Menschenwürdeverstoß darstellt oder wenn die Art und Weise der Boykottdurchführung eine freie Entscheidung der Adressaten oder des Unternehmers ausschließt (Meinungsvollstreckung). Regelmäßig ist die Herstellung paritätischer Verhältnisse durch den Boykott zulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verrufer im begleitenden Verfahren Kooperations-, Informations- und Rechercheobliegenheiten erfüllt und die Verfahrenskontrolle einhält.