Der Strafklageverbrauch bei Dauer- und Organisationsdelikten.
Sebastian Cording
„Ne bis in idem“ – niemand darf wegen derselben Tat mehrmals bestraft (oder auch nur angeklagt) werden (Art. 103 III GG). Seit Beginn der Rechtsprechung des Reichsgerichts bereitet dieser auch der StPO von 1877 zugrundeliegende Rechtssatz den deutschen Gerichten erhebliche Schwierigkeiten, denn was unter „derselben Tat“ zu verstehen ist, ist nirgendwo geregelt. Während die Gerichte in normalen Fallkonstellationen heute weitgehend zu vorhersehbaren Ergebnissen gelangen, ist die Frage des Strafklageverbrauchs bei Dauerdelikten und fortgesetzten Delikten immer noch mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Verwirrung und z. T. heftige Kritik hat insbesondere die Ansicht des BGH ausgelöst, auf das sog. Organisationsdelikt des § 129 StGB sei die für fortgesetzte Handlungen und Dauerstraftaten entwickelte Rechtsprechung nicht übertragbar.
Ziel des Autors ist es, mit dieser Arbeit widerspruchsfreie Kriterien für die Anwendung des prozessualen Tatbegriffes auf Dauer- und Organisationsdelikte zu entwickeln, die insbesondere für den Strafklageverbrauch vernünftige und vor allem vorhersehbare Ergebnisse ermöglichen.
Zu diesem Zweck erfolgt nach einer zusammenfassenden Darstellung des Diskussionsstandes zum prozessualen Tatbegriff zunächst eine eingehende Behandlung der Rechtsfiguren Dauer- und Organisationsdelikt sowie deren konkurrenzrechtlicher Besonderheiten und anschließend eine ausführliche Behandlung der Frage des Strafklageverbrauches bei Dauer- und Organisationsdelikten in verschiedenen Konstellationen. Dabei entwickelt der Autor nach einer Darstellung der Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur jeweils einen eigenen Lösungsansatz.