Der umkämpfte Volksheld
Zur Geschichte des Garibaldi-Mythos in Italien (1882-1948)
Jessica Kraatz Magri
Keine andere Gestalt der italienischen Geschichte ist so oft und in so unterschiedlichen Medien dargestellt worden wie Giuseppe Garibaldi. Frappierend ist vor allem, auf welche vielseitige Weise insbesondere nach Garibaldis Tod am 2. Juni 1882 von dessen Mythos bis weit ins 20. Jahrhundert Gebrauch gemacht wurde. Wie und warum haben sich Republikaner, Radikale, Linksliberale und Monarchisten, Sozialisten, Faschisten und Kommunisten immer wieder auf den „Helden zweier Welten“ bezogen? Mit Hilfe des Konzeptes des „politischen Mythos“ rekonstruiert und analysiert Jessica Kraatz Magri die intensive und langlebige Symbolproduktion um die Figur Garibaldi erstmals systematisch über die Epochengrenzen hinweg. Dabei zeigt die Autorin, dass der Garibaldi-Mythos je nach historischer Situation legitimierende, delegitimierende oder gar revolutionäre Funktion entfalten konnte. Die immer wiederkehrende Aktualität Garibaldis beruhte darauf, dass sich im Mythos des Volkshelden die für das 19. und frühe 20. Jahrhundert so wesentliche Frage nach der Organisation politischer Partizipation, d.h. das umkämpfte Verhältnis von Masse und Macht, narrativ, symbolisch und rituell verhandeln ließ.