Der Wiener Hof und die Stadt Wien im 20. Jahrhundert
Die Internalisierung eines Fremdkörpers
Hubert Christian Ehalt, Martin Scheutz
Das hungernde und mit Kriegsversehrten überschwemmte Wien der untergehenden Habsburgermonarchie distanzierte sich im Jahr 1918 vom Wiener Hof, der häufig fälschlich mit der Familie der Habsburger in eins gesetzt wurde. Das »Rote Wien« eroberte mit republikanischem Impetus höfisch besetzten Stadtraum, wie etwa den ehemaligen »Kaisergarten«, zurück. Allmählich zeichnete sich in der Ersten Republik vor dem Hintergrund politischer Veränderungen eine Neuinterpretation des Hofes ab, so in der Umgestaltung der höfisch dominierten Wiener Museumslandschaft.
Ganz anders das branding des Hofes gegen Ende des 20. Jahrhunderts, wo die Wiener Fremdenverkehrswerbung zunehmend auf die »Trägerrakete« Hof setzte. Museen rüsteten beispielsweise mit dem Präfix »Hof-« auf: Das »Staatsmobiliendepot« verwandelte sich in ein »Hofmobiliendepot«, eine »Hofjagd- und Rüstkammer« entstand. Der im Jahr 1918 verdammte Wiener Hof geriet im Eigennarrativ der Wiener zum positiv besetzten Selbstbild. »Küss die Hand!«