Der Zufallsfund im Medizin- und Gendiagnostikrecht.
Ein rechtliches, medizinisches und moralisches Problem.
Judith Begemann
Anhand der Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 4 GenDG wird das Problem des genetischen Zufallsfundes aufgegriffen und vor dem Hintergrund der zunehmenden Rezeption der Gendiagnostik kritisch beleuchtet. Hierbei wird dargelegt, dass Zufallsfunde in der bilateralen Beziehung von § 10 Abs. 3 GenDG nicht erfasst werden. Zur Berücksichtigung des sog. Rechts auf geninformationelle Selbstbestimmung wird vorgeschlagen, dass keine generelle Aufklärungspflicht des Arztes über Zufallsfunde gelten, sondern der informed consent erweitert werden sollte. Im Gegensatz dazu enthält § 10 Abs. 3 GenDG für das mehrpolige Verhältnis ein Modell der »Empfehlung der Empfehlung« des Arztes gegenüber seinem Klienten. Es wird dargelegt, dass die Regelung den Konflikt im Verhältnis zwischen Klient und Verwandtem privatisiert. Im Rahmen einer Bewertung des Rechts auf geninformationelle Selbstbestimmung wird herausgearbeitet, dass die Rechte des Verwandten in Teilen unberücksichtigt bleiben, und das Recht des Klienten auf Selbstbestimmung durch den Arzt in paternalistischer Weise beeinflusst wird. Dem Konflikt sollte u.a. durch eine Erweiterung des informed consent begegnet werden.