Deutsche Erinnerung
Berliner Beiträge zur Prosa der Nachkriegsjahre (1945-1960)
Ursula Heukenkamp
Als der Krieg zu Ende war und die Reichshauptstadt Berlin in Trümmern lag, wurde dort viel von Aufbruch, Erneuerung und Schicksalswende gesprochen. Wie aber verhielten sich die großen Ziele gegenüber Alltag und Mentalität der
Deutschen nach 1945?
Der Zweite Weltkrieg und der Holocaust sind als Mahnung in die Geschichte der Deutschen eingelassen und geben Anlaß zu immer neuer Selbstbefragung. Es ist aber weniger untersucht worden, wie die Deutschen unmittelbar nach Kriegsende mit ihren Erfahrungen und ihrer Schuld umgegangen sind, woran sie sich erinnerten und was sie aus ihrer Wahrnehmung ausblendeten. Aufschluß über diese Fragen kann unter anderem die Literatur geben.
Für diesen Band wurden insgesamt 237 Erzählwerke der Nachkriegsjahre ausgewertet, um ein authentisches Bild zu vermitteln, wie man im Osten und im Westen Deutschlands mit der Erinnerung an die eigene, jüngste Vergangenheit umging. Die Autoren analysieren die Bilder vom Krieg, den Umgang mit der Last der Schuld, die Mechanismen der Verdrängung des Holocaust sowie die Verhältnisse der Generationen und Geschlechter nach der Katastrophe. Und sie suchen auch nach Erklärungen für den paradoxen Befund, daß die Nachkriegsjahre sonderbar harmlos in den Büchern erscheinen und mehr von Optimismus die Rede ist als von den Schrecken der Vergangenheit.