Deutschland und Französisch-Indochina bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Handelshäuser, Konsulate und Verschwörungen
Volker Schult
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den Beziehungen Deutschlands zur französischen Kolonie Indochina bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Im Taumel des nationalistischen Überschwangs während des Deutsch-Französischen Kriegs wurden von deutscher Seite kolonialpolitische Forderungen auf Indochina erhoben.
Jedoch versagte Bismarck seine Unterstützung. Vielmehr stieg in der Folgezeit die Firma Speidel & Co. zum bedeutendsten Handelshaus mit Niederlassungen in ganz Französisch-Indochina auf und konnte sich gegen französische Konkurrenz behaupten. Jahrzehntelang übernahm Speidel & Co. auch die diplomatische Repräsentanz für das Deutsche Reich. Vor dem Hintergrund der deutsch-französischen Feindschaft ist diese Entwicklung besonders bemerkenswert.
Auch die Küstenschifffahrt unter deutscher Flagge war erfolgreich. Sie nahm gegen Ende des 19. Jahrhunderts sogar eine marktbeherrschende Stellung in der Beförderung von Personen und Gütern von und nach Indochina ein. Selbst der Vorwurf der französischen Behörden, dass auf Schiffen unter deutscher Flagge Opium geschmuggelt werde, beeinträchtigte ihre dominierende Stellung kaum.
Der Erste Weltkrieg markierte eine Zäsur in den Beziehungen Deutschlands zu Französisch-Indochina. Sämtliche deutsche Reichsangehörige wurden ausgewiesen. Damit brachen auch schlagartig alle ihre geschäftlichen Aktivitäten zusammen. Hingegen begannen deutsche Konsuln von den neutralen Staaten China und Siam aus, mit vietnamesischen Revolutionären zusammenzuarbeiten und diese mit Geld und Waffen zu unterstützen. Ziel war die Unterminierung der französischen Herrschaft in Indochina, um die Westfront in Europa zu entlasten. Spätestens mit dem Kriegseintritt Chinas und Siams 1917 mussten die deutschen Aktivitäten jedoch erfolglos eingestellt werden.