Die 60er und 70er Jahre
Aufzeichnungen über das inoffizielle Leben in Moskau
Christine Goelz, Boris Groys, Ilya Kabakov, Wolfgang Weitlaner
Ilya Kabakov, international erfolgreichster Vertreter des Moskauer konzeptualistischen Kreises, ist bekannt für seine visuell-narrativen Installationen (post)totalitärer Befindlichkeit im musealen Raum. In den vorliegenden Aufzeichnungen rekonstruiert er das „inoffizielle“ Kulturleben der russischen Metropole, wie es sich in den ersten Jahrzehnten der nachstalinistischen Ära zwischen gesellschaftlichem Aufbruch und repressiver Stagnation, intellektuellem Widerstand und alltäglicher Anpassung formierte, aus der Sicht eines seiner wichtigsten Akteure. Die theoretische Reflexion des eigenen Werdegangs, der Entwicklung ästhetischer Strategien sowie Anmerkungen von Kabakov nahestehenden Künstlern und Schriftstellern werden begleitet von allgemeinen kulturphilosophischen Überlegungen, zeitgeschichtlichem Material und sehr persönlich gehaltenen „Abschweifungen“. Der stilistisch zwischen Autobiographie und kunsttheoretischem Kommentar pendelnde Text gewinnt nicht zuletzt durch die poetische Kraft einer im hermetischen Diskurs des Moskauer Undergrounds herausgebildeten Terminologie jene literarische Qualität, die ihn ungeachtet seiner vordergründig dokumentarischen Form zugleich zu einem logischen Bestandteil der Kabakovschen Metaerzählung macht.Das Anfang der 80er Jahre entstandene Manuskript kursierte lange Zeit im privaten Kreis; die erste vollständige russischsprachige Ausgabe erschien 1999 in Wien.