Die deutsche Vereinigung in Akademia: West- und Ostdeutsche im Gründungsprozess der Universität Potsdam 1990–1994.
Barbara Marshall
In Potsdam hatte es bis 1991 keine Universität gegeben, wohl aber drei DDR Eliteinstitutionen: zur Weiterbildung der Offiziere der Staatssicherheit, zur Ausbildung der leitenden Kader der Verwaltung, Wirtschaft, Rechtsprechung und Diplomatie sowie zur Lehrerausbildung (größte Lehrerbildungseinrichtung der DDR). Die letzten beiden wurden in die neue Universität (UP) eingegliedert, was ihr einen umfangreichen, auf Lebenszeit angestellten Lehrkörper bescherte. Dessen Reduzierung wurde aus finanziellen und akademischen Gründen notwendig, wodurch die Verteidigung dieser Arbeitsplätze zum zentralen Problem der neuen Einrichtung wurde. So arbeitete ein mehrheitlich westdeutscher Gründungssenat zwar die akademischen Strukturen aus, doch standen diesen relativ wohlmeinenden, aber taktisch wenig versierten Westdeutschen politisch erfahrene, selbstbewusste Ostdeutsche gegenüber. Diese Konstellation war einmalig und steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Sie zeigt, wie es den Ostdeutschen – mit Unterstützung der Brandenburger Landesregierung – häufig gelingen konnte, ihre Interessen bei weitgehender Ausklammerung ihrer politischen Vergangenheit, durchzusetzen.