Die ehemalige Wallfahrtskirche Maria Hilf auf dem Welschenberg zwischen Mühlheim und Fridingen an der Donau
(= Veröffentlichungen des Geschichtsvereins für den Landkreis Tuttlingen, Band 12)
Klaus-Peter Fechner, Ludwig Henzler, Hans-Joachim Schuster, Horst-Dieter von Enzberg
Die Kirche Maria Hilf auf dem Welschenberg war seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ein bedeutender Wallfahrtsort, der nicht nur Gläubige aus der näheren Umgebung, sondern auch von weit her anzog. Ausgangspunkt der blühenden Wallfahrt war ein Marienbild, das der Mühlheimer Pfarrer Georg Walter 1649 an einer Eiche auf dem Welschenberg anbringen ließ. In der Mitte des 18. Jahrhunderts erlebte die Wallfahrt ihren Höhepunkt. In manchen Jahren besuchten über 20.000 Gläubige das Wallfahrtsziel. Auch baulich war mit dem Bau der zweiten, deutlich vergrößerten Kirche in den 1750er Jahren ein Höhepunkt erreicht.
Der Geist der Aufklärung führte seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zu einer deutlichen Verringerung der Prozessionen und Bittgänge und zu einem Rückgang der Zahl der auf den Welschenberg pilgernden Gläubigen. Das Ende dieser überregional bedeutenden Wallfahrt brachte 1811 der Aufhebungsbeschluss des Königs von Württemberg, der seit 1806 Landesherr über Mühlheim und das enzbergische Gebiet war. Der Kirchenschatz wurde verteilt, die Kirchengebäulichkeiten standen im Jahre 1812 zum Verkauf auf Abbruch.
Bislang fehlte eine umfassende Publikation zur Geschichte der Kirche und der Wallfahrt nach Maria Hilf auf den Welschenberg. Aus diesem Grunde war es sowohl dem Geschichtsverein für den Landkreis Tuttlingen als auch dem Heimatverein Mühlheim ein großes Anliegen, dieses Thema umfassend in Archiven recherchieren zu lassen und die Ergebnisse der Forschungsarbeit in einer fundierten Publikation festzuhalten. Deshalb vergaben die beiden Vereine dieses Thema als Auftragsarbeit. Sie fanden in dem Historiker Dr. Horst-Dieter Freiherr von Enzberg einen Autor, den die Herkunft und die bisherigen Forschungen zur Geschichte der Region um Mühlheim und Tuttlingen geradezu für diese Aufgabe prädestinierten. Dem Autor dieser Arbeit ist es gelungen, neue Erkenntnisse zur Errichtung der Wallfahrt und zum Gnadenbild, zum Kirchenbau vor allem der zweiten Kirche und zu den am Bau beteiligten Künstlern und Handwerkern zu gewinnen. Die Publikation gibt nun den aktuellen Wissensstand über die Ausstattung der Kirche und den Verbleib des Kirchenschatzes nach der Aufhebung der Wallfahrt wieder.
Aus der vorliegenden Forschungsarbeit wird deutlich, dass die Wallfahrt einen elementaren Bestandteil der Geschichte der Stadt Mühlheim, der Herrschaft Enzberg, aber auch der ganzen Region bildet. Denn die Wallfahrtsadministration war ein wichtiger Kreditgeber für die Menschen und Gemeinden der Umgebung und die Wallfahrt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor vor allem für die Stadt Mühlheim. Die Wallfahrtsadministration war zudem für viele Jahrzehnte auch Orts- und Grundherr in Pfandbesitz über den enzbergischen Ort Stetten und die Lippachmühle.
Der Leser erhält einen sehr anschaulichen Eindruck von der Alltagsgeschichte des Pilgerns auf den Welschenberg. Woher kamen die Pilger? Wie viele Geistliche waren hier im Einsatz, um den Gläubigen die Beichte abzunehmen? Was wurde im Wirtshaus bei der Wallfahrtskirche ausgeschenkt und verzehrt? Woher kamen die Pächter? Auf diese und viele andere Fragen antwortet die Publikation.
Dem Autor gelang es herauszuarbeiten, welche Faktoren für die Aufhebung der Wallfahrt verantwortlich waren. Ein Kapitel ist dem „Nachleben“ der Wallfahrt in den vergangenen 200 Jahren gewidmet. Deutlich wird, dass die Kirchenruine bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder Gläubige anzog. Heute ist der Welschenberg zu einem historischen Ort mit großer Anziehungskraft geworden, zu einem Denkmal, in dessen stattlichen Mauerresten sowohl Maiandachten und ökumenische Gottesdienste als auch weltliche Konzerte stattfinden.