Die Grundrechtecharta in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes
Georg John
Zur Rechtsnatur der Charta-Grundrechte und ihrer Vergleichbarkeit mit österreichischen Grundrechten
Für Entscheidungen des VfGH ist das Unionsrecht grundsätzlich kein Prüfungsmaßstab – so lautete eine lange Zeit dessen ständige Rechtsprechung. Dies änderte sich 2012 mit dem sogenannten „Grundrechtecharta-Erkenntnis“ für einen kleinen Ausschnitt des Unionsrechts. Seit diesem Erkenntnis können Rechte – nicht hingegen Grundsätze – der Grundrechtecharta jedenfalls dann in Verfahren der Normenkontrolle und der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit herangezogen werden, wenn sie verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten in Formulierung und Bestimmtheit gleichen. Dabei dürfen das österreichische Grundrecht und jenes der Grundrechtecharta keine völlig unterschiedliche normative Struktur haben.