Die letzte Trauung.
Roman. Mit einigen Photographien des Autors.
Johannes Muggenthaler
Ein Roman, der im Standesamt beginnt und auf dem Standesamt endet.
Marko ist, weil ihm nichts anderes übrigblieb, Türsteher in einem Standesamt und entsprechend melancholisch veranlagt. Bis eines Morgens alles schiefgeht und die Standesbeamtin bei währender Trauung die Flucht ergreift. Da gerät auch Marko auf Abwege und in schlechte Gesellschaft, zunächst auf einem großen Bierfest, wo er nicht nur die Lebkuchenherzenverkäuferin lieben lernt, sondern auch seinen alten Schulfreund Iwan Raupach wiedertrifft. Der fristet sein Leben als Kleinkrimineller, hat aber durchaus größere illegale Ambitionen. Gemeinsam mit dem Besitzer eines heruntergekommenen Gasthofs entführen sie die Freundin eines Auktionshausbesitzers, durchaus mit deren Einverständnis. Doch will der Auktionshausbesitzer sie nicht wiederhaben und folglich kein Lösegeld zahlen. Also bricht man in eine Sparkasse ein, was aber auch nicht wirklich zum Erfolg führt. Der wilde Schluß dieses wildromantischen Romans wird selbstredend nicht verraten.
Johannes Muggenthaler, 1955 geboren. ‚Die letzte Trauung‘ ist sein vierter Roman, daneben hat er Erzählungen und Theaterstücke veröffentlicht. Er lebt als Schriftsteller, Photograph und Kurator in der Nähe von München.
‚Er sah eine junge Frau. Sie war blond. Sie stand zwischen den Bankreihen und verkaufte Lebkuchenherzen. Große Lebkuchenherzen, die sie an bunten Bändern um den Hals trug. Auf Zuruf nahm sie eines der Herzen und reichte es in die Reihen. Entgegennahme des Geldes, Rückgabe des Wechselgeldes. So bewegte sie sich durch den lauten Saal. Sie verteilte ihre Herzen an Würdige und Unwürdige, ein wenig zu herablassend für Herzensangelegenheiten. Kalt und gleichgültig wie die Verkörperung von Fortuna.
Nun war sie nah, und Marko konnte sie genauer betrachten. Groß, herb und gerade, von trägem Temperament, gehörte sie eher dem nordischen Himmel an. Eine germanische Halbgottheit. Gelangweilt, trotzig. Kriemhild im Land der Hunnen.
Als sie aber Marko sah, der ja schön war, besonders wenn er saß oder stand, kam kurz ein Leuchten in ihre Augen, etwas, das vorher nicht dagewesen war. Geheim, aber auch verräterisch. Lange genug, um zu lesen, daß hier Einverständnis und Bejahung bereitstanden, falls es zu Aufforderungen kommen sollte.
Was könnte leichter sein, als eine Verkäuferin von Herzen anzusprechen? Aber Marko nickte nur knapp und blickte dann wieder in sein schales Bier. Und deshalb schritt Fortuna an ihm vorüber. Verkaufte weiterhin ihre Herzen an Würdige und Unwürdige. Folgte den Zurufen der Betrunkenen in die Tiefe der Halle. Und verschwand.‘