Die literarische Reflexion der reformatorischen Obrigkeitslehre im Werk Thomas Naogeorgs
Thomas Lucchi
Im Jahr 1525 werden Martin Luthers Forderungen nach einer Reform der christlichen Kirche und ihres Verhältnisses zum deutschen Reich von den Bauern in den Dienst ihrer Interessen gestellt, um die Landesfürsten auf ihre wirtschaftlich angespannte Situation aufmerksam zu machen; bei gleichbleibenden Bewirtschaftungskosten können sie weder ihre Produktion steigern noch ihre Preise dem rasch wachsenden Angebot des Handwerks anpassen. Aus diesem Grund sieht sich Martin Luther dazu veranlasst, sein Verständnis zur Obrigkeit genauer darzulegen. Er unterscheidet dabei zwischen der geistlichen Obrigkeit, die nur für das Seelenheil der Christen zuständig ist, und der weltlichen Obrigkeit, die das leibliche Wohl ihrer Untertanen gewährleistet.
Am Beispiel des Reformationsdramatikers Thomas Naogeorg wird im ersten Teil der Arbeit untersucht, inwieweit über die populärere lutherische Rechtfertigungslehre hinaus – die beispielsweise in Naogeorgs Mercator thematisiert wird – auch Luthers Obrigkeitslehre von Reformationsautoren rezipiert worden ist. Im zweiten Teil der Arbeit wird dann anhand ausgewählter biblischer Prätexte untersucht, inwieweit Thomas Naogeorg seine Bibeldramen nutzt, um Kritik an den Strukturen des Heiligen Römischen Reiches und der Religionspolitik Karls V. zu üben.