Die militärische Intervention im Jemen: völkerrechtlich legitim oder regionales Phänomen?
Katharina Schwager
Der lange Zeit „vergessene Krieg“ im Jemen zwischen der shiitischen Minderheit der Huthi und der sunnitischen Regierung unter Hadi entwickelte sich 2017 zur größten humanitären Krise weltweit. Die militärische Intervention durch die von Saudi-Arabien 2015 gebildete ad-hoc Koalition auf Seiten der jemenitischen Regierung wurde zunächst vom überwiegenden Teil der internationalen Staatengemeinschaft geduldet – die Vereinbarkeit mit dem geltenden Völkerrecht, insbesondere mit Aspekten des Gewaltverbots – blieb dabei trotz lückenhafter Rechtfertigung vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zweitrangig. Nach einer Klassifizierung des Konflikts nach humanitärem Völkerrecht untersucht die Studie die von der Koalition vorgebrachten Erklärungen auf ihre Rechtmäßigkeit, Schlüssigkeit und Vereinbarkeit mit den geltenden völkerrechtlich relevanten Rechtfertigungstatbeständen. Dabei wird die Vorgehensweise der Koalition hinsichtlich der Voraussetzungen für die Berufung auf Selbstverteidigung und Intervention auf Einladung unter Berücksichtigung der neuesten Tendenzen der Staatenpraxis und der aktuellen theoretischen Entwicklungen zum Gewaltverbot untersucht. Bezug genommen wird zudem auf den kulturspezifischen hybriden Souveränitätsbegriff des arabischen Raums, der die Rechtsüberzeugung arabischer Staaten und im Weiteren deren Auslegung der westlich geprägten Charta der Vereinten Nationen wesentlich beeinflusst. Aufgrund des wiederholten Verweises auf die Responsibility to Protect durch die Koalition wird eine weitere Möglichkeit der Rechtfertigung für die Einsätze aufgegriffen. Unter Bezugnahme auf die fehlgeschlagenen Mediationsversuche der UNO, die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen der Golfkooperationsstaaten und die militärischen Maßnahmen der Koalition wird die Responsibility to Protect in ihrer Anwendung auf den Jemenkonflikt bewertet.