Die Regulierung von Ratingagenturen durch die Europäische Union
Robert Blickle
„Kein Volk gibt es, wie ich sehe, mag es noch so fein und gebildet, noch so roh und unwissend sein, das nicht der Ansicht wäre, die Zukunft könne gedeutet und von gewissen Leuten erkannt und vorhergesagt werden“. Ebenso wie die von Marcus Tullius Cicero angeführten Völker nehmen auch Ratingagenturen an, prognostizieren zu können. Denn der Unternehmensgegenstand von Ratingagenturen besteht in der Erstellung von Prognosen über das Bonitätsrisiko. Freilich erstellten die Ratingagenturen auch stets Prognosen über das Bonitätsrisiko, die sich als unzutreffend erwiesen. Da aber solche Fehlprognosen der Ratingagenturen die US-Hypothekenkrise und die sich hieraus entwickelnde Wirtschafts- und Finanzkrise mitverursachten, und folglich die freiwillige Selbstregulierung der Ratingagenturen auf der Basis des „Code of Conduct Fundamentals for Credit Rating Agencies“ der „International Organization of Securities Commissions“ (IOSCO) nicht funktionierte, wurde zum Schutz der Anleger, der Verbraucher, der Finanzmärkte und des Binnenmarktes vor fehlerhaften Ratings die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen erlassen. Im Rahmen dieser Studie wird untersucht, ob die in der CRA-I-VO, in der CRA-II-VO, im CRA-III-VO-Vorschlag und im CRA-RL-Vorschlag enthaltenen Unterziele und Zwischenziele für die Erreichung des Oberziels „Schutz der Anleger, der Verbraucher, der Finanzmärkte und des Binnenmarktes vor fehlerhaften Ratings“ Erfolg versprechend sind, oder ob weitere Ziele hierfür notwendig sind. Als Untersuchungsmethode wurde eine modifizierte Verhältnismässigkeitsprüfung gewählt. Es wird mithin untersucht, ob die Unterziele zur Erreichung der Zwischenziele und die Zwischenziele zur Erreichung des Oberziels juristisch und ökonomisch geeignet, erforderlich und angemessen sind.