Die Rolle von Analysten bei der Bewertung von Unternehmen am Kapitalmarkt
Das Beispiel Telekommunikationsindustrie
Nico Friedrich
Finanzanalysten sind bedeutende Akteure auf Kapitalmärkten. Dies zeigt sich vor allem an den zum Teil beträchtlichen Kursreaktionen, die ihre Empfehlungen und Prognosen auslösen. Seit dem Platzen der „Technologie-Blase“ Anfang 2000 ist diese Kapitalmarktgruppe mit heftiger Kritik konfrontiert worden. Analysten können die ihnen aus theoretischer Sicht obliegenden Funktionen nur dann erfüllen, wenn ihr Research unverzerrt und verlässlich ist. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob dies für den Zeitraum gegen Ende der 90er Jahre gegeben war. Die im Zuge der Ermittlungen zu den US-amerikanischen Bilanzskandalen aufgedeckten Fälle von „Fehlverhalten“ einzelner Analysten unterstützen diese Zweifel nachhaltig. Sie waren Anlass für eine striktere Regulierung des Analystenberufs.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen widmet sich die vorliegende Arbeit der Frage, ob sich als Folge Änderungen in Bezug auf die Vorgehensweise von Analysten bei der Analyse und Bewertung von Unternehmen ergeben haben. Dazu wird der Researchprozess von Analysten einer detaillierten empirischen Überprüfung unterzogen. Es werden zwei empirische Untersuchungen durchgeführt: eine Interviewserie mit Analysten und eine Inhaltsanalyse von Researchberichten. Um möglichst umfassende Erkenntnisse über den Researchprozess von Analysten zu erlangen, konzentriert sich die Untersuchung auf Analysten einer einzigen Industrie, der Telekommunikationsindustrie. Diese Industrie wurde vor allem deshalb als Untersuchungsobjekt ausgewählt, weil sie ein gutes Beispiel für extreme Kursbewegungen innerhalb der letzten Dekade darstellt.