Die Scheineheproblematik in Gegenwart und Vergangenheit.
Eine dogmatische Untersuchung des fehlenden Willens zur ehelichen Lebensgemeinschaft.
Stephanie Lumpp
Das Phänomen der Scheinehe ist nicht nur heutzutage ein aktuelles Thema, sondern wurde bereits vor 100 Jahren in Rechtsprechung und Schrifttum diskutiert. Die Rahmenbedingungen haben sich freilich verändert. Früher wurde vor allem die sog. „Namensehe“ diskutiert: der Eheschluss zur Erlangung eines bestimmten Ehenamens. Heute steht hingegen die sog. „Aufenthaltsehe“ im Mittelpunkt der Betrachtung. Ihr Nutzen ist im Rahmen der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung zu sehen.
Ungeachtet der jeweiligen Erscheinungsform ist die Scheinehe dadurch charakterisiert, dass den „Schein“eheschließenden der Wille zur Begründung und Verwirklichung einer ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt. Stephanie C. Lumpp untersucht systematisch vor dem Hintergrund der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, wie sich dieser fehlende Wille dogmatisch einordnen lässt. Ausgehend von der heutigen Rechtslage werden vom Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des BGB in chronologischer Reihenfolge verschiedene Zeitabschnitte untersucht. Die Autorin gelangt zu dem Ergebnis, dass der die Scheinehe kennzeichnende fehlende Wille zur ehelichen Lebensgemeinschaft während des gesamten betrachteten Zeitraums einen bewussten Willensmangel darstellt. Die Scheinehe weist daher in jeder untersuchten Epoche die Konstellation eines Scheingeschäfts i.S.d. § 117 I BGB auf.