Die Tradition der mittelalterlichen Bischofssepulturen in Canterbury und York
Susanne Schaefer
Die mittelalterlichen Bischofssepulturen in Canterbury und York wurden als Zeugnisse für liturgisches Gedenken und historische Erinnerung ausgewertet. An den Vorkehrungen des Bischofs zu Bestattung und Memoriapflege läßt sich das historische Selbstverständnis des Metropoliten ablesen. Die Grabstätten geben ferner Aufschluß über die Zugehörigkeit des Bischofs zu bestimmten sozialen Gruppen. Die Analyse historiographischer Werke (besonders der Gesta episcoporum) und liturgischer Kalendarien (Martyrologien, Nekrologien) zeigt, wie diese zur Festigung des bischöflichen Prestiges beitrugen. Am Metropolitansitz Canterbury entstanden drei traditionsbildende Grablegen: in St. Augustin, dem von Augustinus (+604) begründeten Kloster außerhalb der Stadtmauern Canterburys, im Johannesbaptisterium der Kathedrale von Canterbury seit Cuthbert (+760) und die auf Odo (+958) zurückgehende Grablege im Chorraum der Kathedrale. In York hingegen bildete sich erst mit dem elften Jahrhundert eine – immer wieder unterbrochene – Grabreihe in der Kathedrale zu York heraus. Seit dem 12. Jahrhundert traten an die Stelle des selbstverständlich am Toten geleisteten Gedenkdienstes durch die Kathedralgemeinschaft Stiftungen zur Totensorge. Mit der Gründung von Universitäten in England kamen auch und zum Kreis der das bischöfliche Gedenken fördernden Gruppen.