Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Rostock
Ermittlungsverfahren, Zelleninformatoren und Haftbedingungen in der Ära Honecker
Jenny Schekahn, Tobias Wunschik
Die Studie bietet die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der MfS-Untersuchungshaftanstalt Rostock, ihren Insassen und den hier herrschenden Haftbedingungen.
In ihren Gefängnissen missachtete die Staatssicherheit systematisch die Menschenrechte der Häftlinge. Auch unterhalb der Schwelle körperlicher Gewalt übten in der Ära Honecker psychologisch geschulte Vernehmer in den Verhören enormen Druck aus. Sie behaupteten beispielsweise wahrheitswidrig, Mitbeschuldigte hätten bereits gestanden, die Indizien seien erdrückend oder die Zwangsadoption der Kinder drohe. So wurde das Geständnis der Beschuldigten erpresst und die Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehrt.
Ein wichtiges Hilfsmittel waren die sogenannten Zelleninformatoren: Um die Verurteilung von Regimegegnern zu ermöglichen, brachte die Staatssicherheit Untersuchungshäftlinge dazu, über Mitgefangene zu berichten. Was motivierte sie zum Verrat an ihren Leidensgefährten? Wurden sie zur Spitzeltätigkeit nicht eher gezwungen – und wie schnell „fielen“ sie „um“?
Die Studie beantwortet diese Fragen auf der empirischen Grundlage einer bisher nicht ausgewerteten Kartei der Staatssicherheit in Rostock.