Die verlorene „informierte Chance“ im Arzthaftungsrecht
Eine Alternative zur zivilrechtlichen Rechtsprechungspraxis der hypothetischen Einwilligung
Hanna Caesar
Das Arzthaftungsrecht ist ein komplexes Themengebiet mit vielen Aspekten, speziellen Terminologien und spezifischer Rechtsprechungspraxis. Der Gesetzgeber führte die §§ 630a BGB ff. zum Behandlungsvertrag nachträglich ein. Die Ausarbeitung der Autorin konzentriert sich auf die zivilrechtliche Rechtsprechung und Gesetzeslage für die Haftung aufgrund einer unzureichenden Selbstbestimmungsaufklärung. Die Autorin sucht eine Alternative zur hypothetischen Einwilligung und findet sie in der Haftung für verlorene Chancen. Dazu beschreibt die Autorin zunächst die Beweislastverteilung zur Haftung ärztlicher Aufklärungsfehler, die auch im § 630h Abs. 2 BGB aufgegriffen wird. Die Autorin kritisiert die aktuelle Praxis bezüglich des Einwandes der hypothetischen Einwilligung. Auf der Suche nach Alternativen geht es zunächst um die immer wieder auftauchende Idee einer Anknüpfung an das allgemeine Persönlichkeitsrecht. In den Fokus rückt dann aber die im Ausland bereits etablierte Haftung für verlorene Chancen. Da dieser Ansatz im Ausland bereits praktiziert wird (z.B. in Frankreich als perte d’une chance oder in den USA als loss of chance), wird ein kurzer Blick in die jeweilige Rechtsprechungspraxis geworfen. Dazu betrachtet die Autorin gezielt Einzelfälle, die bei einer Umsetzung in das deutsche Recht behilflich sind. Auch mit den Ansätzen der deutschen Literatur setzt sich die Autorin auseinander. Die Erkenntnisse der ausländischen Erfahrungen und inländischen Theorien überträgt die Autorin im Anschluss auf das deutsche Recht: Eine Schadensposition des Patienten als verlorene Möglichkeit durch ausreichende Aufklärung eine Entscheidung zu treffen, wird in Form der Haftung für eine verlorene „informierte Chance“ etabliert. Einzelne Beispiele bringen die Idee näher und sollen einen Wandel der deutschen Rechtsprechungspraxis anregen.