Differenzen in der Neutralität
Der Volksbund für die Unabhängigkeit der Schweiz (1921–1934)
Gilbert Grap, Jakob Tanner
Die Neutralität ist die wichtigste aussenpolitische Maxime des schweizerischen Bundesstaates. Ihre Auslegung und Umsetzung waren jedoch immer umstritten. Im Spannungsfeld unterschiedlicher politischer Kräfte wurde sie fortwährend neu gedeutet und im Hinblick auf die internationale Situation und auf innenpolitische Konstellationen modifiziert.
Gilbert Grap geht in seinem Buch dem Volksbund für die Unabhängigkeit der Schweiz (VUS) nach, der sich massiv in diese Debatten einmischte. 1921 von rechtskonservativen, germanophilen Kreisen gegründet, bekämpfte er den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund und das daraus folgende Konzept der ‚differenziellen Neutralität‘. Beeindruckt durch den Landesstreik von 1918 und durch neue nationalistische Strömungen forderte er die Rückkehr zu einer kompromisslosen ‚integralen Neutralität‘. Er lehnte Liberalismus und Sozialismus ab und votierte für eine starke Armee zur Verteidigung der nationalen Souveränität. Damit verbunden war der Kampf gegen ‚geistige Überfremdung‘. Immer stärker profilierte sich der VUS als Avantgarde einer nationalen Erneuerungsbewegung. 1933 bekannten sich einige seiner massgeblichen Exponenten offensiv zum antisemitischen, antidemokratischen Gedankengut des ‚Frontenfrühlings‘.
In bisher kaum erforschten Quellen recherchierte der Historiker Gilbert Grap minutiös die Spur des VUS in die Schweizer Politik und Gesellschaft bis ins Jahr 1934.