Disziplinlos
Eigensinnige Lebensbilder zwischen Wissenschaft und Kunst
Eduard A. Wiecha
Wer Neues schaffen will, muss oft genug Widerstände und institutionelle Schranken überwinden. Dies gilt für viele der herausragenden Denker des 20. Jahrhunderts ebenso wie für Wissenschaftler und Künstler unserer Tage. Einige werden hier vorgestellt. Dabei schlagen die Autoren Brücken zwischen praktischer Biografieforschung und erfahrungsgestützter Wissenschafts- und Bildungsgeschichte.
Die Portraits herausragender Forscherpersönlichkeiten im ersten Teil zeigen, wie Neugier, List, Experimentierfreude und die Verachtung kleinlicher Interessen ihre Energie mehr nährten als die Normen der Zunft. Die Chemikerin und Physikerin Marie Curie etwa erkaufte sich ihren Erfolg mit Entbehrungen und dem Erdulden von Schikanen. Albert Einstein wusste seine Gedankenschärfe gegen Vorbehalte und Widerstände zu behaupten. Hannah Arendt widerstand den Lockungen der Schulen und Ideologien und wurde zur Vordenkerin des sozialen Miteinander. Hans-Peter Dürr verschrieb sich über disziplinäre Einfriedungen hinweg der Erforschung elementarer Lebensgrundlagen und den drängenden Fragen ihrer Bewahrung.
Im zweiten Teil entwerfen zeitgenössische Wissenschaftler und Künstler konzentrierte Selbstbilder. Gegenüber den Institutionen legen auch sie ihren Eigensinn in die Waagschale. Das Neue erwächst ihrem produktiven Zweifel, ob in Forschung, Lehre oder künstlerischer Gestaltung. Disziplinlosigkeit, kritisch und kreativ, dient am Ende einem höheren Ideal von Disziplin.