Doppelte Zeitformen im Deutschen und im Französischen
Norman Haß
Doppelte Zeitformen im Deutschen und im Französischen, die sich
dadurch auszeichnen, dass zum Hilfsverb und zum Partizip II des Vollverbs
das Partizip II des Hilfsverbs hinzutritt, sind in den letzten Jahren
verstärkt in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses gerückt. Für das
Französische spielt dabei das passé surcomposé eine herausragende
Rolle; im Deutschen interessieren insbesondere das doppelte Perfekt
sowie das doppelte Plusquamperfekt. Eine grundlegende sprachkontrastive
Untersuchung des Phänomens steht bislang noch aus.
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, aus einem einheitlichen
Modell des einfachen Perfekts im Deutschen und im Französischen
einen gemeinsamen Beschreibungsansatz der doppelten Zeitformen in
beiden Sprachen abzuleiten. Dabei gelangt sie zu der Kernaussage, dass
doppelte Zeitformen eine zusätzliche Evaluationszeit in der Vergangenheit
setzen, die sich auf unterschiedliche Art funktionalisieren bzw.
interpretieren lässt. Der Vorteil eines solchen Ansatzes ist, dass den
zahlreichen unterschiedlichen Verwendungen doppelter Zeitformen in
ein und derselben Sprache, aber auch im Sprachvergleich nun nicht
mehr unterschiedliche Bedeutungen zugeordnet werden müssen.
Für das Deutsche konnte in diesem Zusammenhang erstmals eine
expressive Funktion doppelter Zeitformen nachgewiesen werden. Die
Untersuchungen stützen sich vor allem auf bislang nicht berücksichtigte
Korpora des mündlichen Sprachgebrauchs.