Dra‘ Abu el-Naga II
Hieratische Ostraka und Namensteine aus Dra‘ Abu el-Naga
Günter Burkard
Die Ostraka aus der Nekropole von Dra’ Abu el-Naga in Theben-West stammen in der überwiegenden Mehrzahl aus dem Doppelgrabkomplex K93.11 und K93.12, der in der frühen 18. Dynastie angelegt und in der späten 20. Dynastie unter den Hohenpriestern Ramsesnacht und dessen Sohn Amenophis neu gestaltet wurde. Von nur wenigen Ausnahmen abgesehen liegt mit diesen Texten ein so noch kaum beobachteter Sonderfall vor: Es sind Keramikostraka oder oft recht massive Kalksteinbrocken mit einem oder mehreren Personennamen als einzigem Inhalt.
In werden die hieratischen Ostraka und Namensteine erstmals vorgelegt. Sie stammen alle aus dem Bereich der Anlage K93.12, also der des Hohenpriesters Amenophis, und waren zum überwiegenden Teil in das Mauerwerk von dessen heute zerstörter Lehmziegel-Pyramide eingebracht worden. Vermutlich sind es die Namen von Personen, die an der Neugestaltung der Anlage beteiligt waren, also von dort beschäftigten Arbeitern. Diese beinahe 100 Namen, darunter etwa 70 unterschiedliche, ergeben eine veritable Liste der am Bau der Pyramide und der Grabanlage Beteiligten. Die Streufunde aus den übrigen Arealen haben meist ebenfalls einen nichtliterarischen Inhalt. Während der früheste Text den Namen des Königs Nubcheperre-Intef nennt und damit aus der Zeit der späten 17. Dynastie stammt, enthält der späteste Beleg den Namen des Hohenpriesters Mencheperre aus der 21. Dynastie.