Emanzipation und Bildungswesen der Juden im Kurfürstentum Hessen 1807-1866
Jüdische Identität zwischen Selbstbehauptung und Assimilationsdruck
Dorothee Schimpf
Die Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert vollzog sich im Spannungsfeld zwischen der liberalen Forderung nach Gleichberechtigung aller Bürger und der konservativen Auffassung, die Juden, die als religiöse Minderheit am Rande der christlichen Gesellschaft lebten, müssten erst „erzogen“ werden, ehe ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg zuteil werden dürfe. Doch auch innerhalb der jüdischen Bevölkerung führte der Emanzipationsprozess zu erheblichen Konflikten zwischen dem traditionellen Judentum und einer jüngeren Generation, die aus dem Ghetto hinausstrebte und bereitwillig die Chance zum sozialen Aufstieg wahrnahm. Wie die jüdische Minderheit diesen Konflikt bewältigte, schildert die Verfasserin in ihrer an der Universität Gießen entstandenen Dissertation. Ausgehend von der Darstellung der rechtlichen, demographischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation der Juden im Königreich Westphalen behandelt die Verfasserin zunächst die staatliche Judenpolitik, die im beginnenden 19. Jahrhundert die Erziehung der Juden zu „nützlicheren“ Untertanen anstrebte. Wichtigstes Instrument dieser Erziehungspolitik sollte eine säkularisierte und staatlich kontrollierte Schulerziehung sein. Diese Bildungspolitik stieß auf hartnäckigen Widerstand bei orthodoxen Juden, die um ihre Identität besorgt waren und an der tradi..weiterlesen