„Es kommen kalte Zeiten“
Murnau 1919-1950
Edith Raim
Die Provinz ist politisches und gesellschaftliches Brachland? Von wegen! Wie in einem Brennglas komprimiert sich die deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Murnau in Oberbayern. Hier lebten der nationalsozialistische Wirtschaftstheoretiker und frühe Förderer Hitlers Gottfried Feder, der spätere Präsident des Jüdischen Weltkongresses Nahum Goldmann, der amerikanisch-jüdische Mäzen James Loeb, die Malerin Gabriele Münter, der Dramatiker Ödön von Horváth und der Widerstandskämpfer Christoph Probst. Adolf Hitler, aber auch Heinrich Himmler und Julius Streicher machten in der Gemeinde am Staffelsee Station.
Wie erlebte die Bevölkerung Murnaus Revolution, Republik, Diktatur und die Besatzungszeit? Edith Raim berichtet, weshalb seit 1924 völkische Parteien und die NSDAP bei den Wahlen stets die meisten Stimmen errangen. Sie beleuchtet einschneidende Ereignisse wie die Murnauer Saalschlacht, die „Machtergreifung“ vor Ort oder die Durchführung des ersten HJ-Hochlandlagers. Erstmalig ist ein tiefes Eintauchen in den Kriegsalltag der Murnauer Bürger möglich. Und wie lebten Amerikaner, Deutsche, befreite Zwangsarbeiter und jüdische Holocaust-Überlebende nach 1945 zusammen?
Unter Einbeziehung einer Vielzahl von schriftlichen Quellen und historischem Fotomaterial wird das politische, gesellschaftliche und kulturelle Panorama kleinstädtischen Lebens in bewegten Zeiten deutlich, das über den lokalen Kontext hinaus nationale und internationale Bedeutung hat.