Ethica hermeneutica
Fragen an antike Literatur nach ihrem Beitrag zum guten Leben und zum moralischen Verständnis des Menschen
Ernst A Schmidt
Die hier vereinten Studien stellen ethische Fragen an antike Texte. Indem sie zum Verstehen ethischer Probleme beitragen wollen, bieten sie Elemente einer hermeneutischen Ethik. Die Fragestellung des Interpreten arbeitet die moralische Dimension einer Dichtung heraus; sie hat das Ziel, die ethische Bedeutung eines Werkes zu verdeutlichen und zu akzentuieren. Dabei kann die hermeneutische Arbeit auch von einer heutigen Problemstellung ausgehen und einen Text in das Licht dieser Frage bringen; die Deutung eines Werkes kann zu dessen Kritik in ethischer Hinsicht führen. Die ethische Interpretation ist keine beliebige Variante hermeneutischer Praxis. Im Gegenteil wird für die meisten der hier gestellten Interpretationshinsichten beansprucht, daß sie geradezu die von dem jeweiligen Werk hermeneutisch geforderte Einstellung und Auseinandersetzung darstellen: Nur in ihrer Verfolgung treten konstitutive Bedeutungen in den Blick und können Vor- oder Fehlurteile der Forschung aufgedeckt werden. Die Autoren der interpretierten Texte sind (in chronologischer Reihenfolge): Homer, Hesiod, Archilochos, Solon, Anaximander, Euripides, Aristoteles, Lukrez, Julius Caesar, Cicero, Vergil, Horaz, Seneca, Tacitus, Origenes, Plotin, Prudentius. Die mit einer Ausnahme bereits publizierten Beiträge sind neu durchgesehen, bearbeitet (zum Teil beträchtlich) und korrigiert. Der Band ist gewissermaßen eine zweite Auflage von Studien des Verfassers, deren innerer Zusammenhang in der Einheit des ethischen Interesses besteht.