Ethische Projekte
Literatur und Selbstgestaltung im Kontext des Regierungsdenkens Humboldt, Goethe, Stifter, Raabe
Ulrich Kinzel
Das Buch nimmt den Faden der Forschungen des späten Foucault zur Ethik des Selbst und zur „gouvernementalité“ auf. Es zeigt auf der einen Seite, dass sich eine Reihe von kanonisch gewordenen Texten der deutschen Literatur als Darstellung und Initiierung einer Regierung des Selbst lesen lässt. Auf der anderen Seite wird für die einzelnen Textgruppen, die Gegenstand der Untersuchung sind, die historische Konstellation eines moralisch-politischen Regierungsdiskurses herausgearbeitet, die als Problemdruck auf den Texten lastet. Ausgehend von der strikten Opposition von Ethik und Politik in der Landlebendichtung des 17. und 18. Jahrhunderts wird für die politischen und ästhetischen Versuche des frühen Humboldt, für Goethes Meister-Romane, für Stifters „Nachsommer“ und Raabes späte Romane gezeigt, wie die Texte die Themen des Regierungsdiskurses – der Polizei des 18. Jahrhunderts und der beginnenden Sozialwissenschaft des 19. Jahrhunderts – aufnehmen, um sie in eine andere Ordnung zu verwandeln und das Verhältnis von ethischer und politischer Regierung neu zu bestimmen.