Fahrtenbuch 1993-2007
Thomas Hettche
Sammlung und Zerstreuung – intellektuelle Expeditionen eines großen Erzählers Orte, Menschen, Bilder, Filme, Bücher: An Themen herrscht kein Mangel bei Thomas Hettche, dessen reiches erzählerisches Werk flankiert wird von einer kontinuierlichen essayistischen Beschäftigung mit Welt und Weltwahrnehmung. Das Fahrtenbuch versammelt ausgewählte Essays und Reportagen von Thomas Hettche aus den Jahren 1993 bis 2007.
Es zeigt einen Autor, der sich mit großer Neugier und wachem Blick in die Welt begibt. Neben Deutschlanderkundungen seit Anfang der 90er-Jahre stehen Texte über die Literatur im Zeitalter des medialen Umbruchs und die Politisierung einer eigentlich unpolitischen Generation in der Folge von 9/11. Reisereportagen etwa aus St. Moritz, Venedig und Krakau beschäftigen ihn ebenso wie Bram Stokers Dracula, Lieutenant Ripley und Piero della Francesca.
Hettche überrascht uns mit den Gegenständen, die sein Interesse wecken, zeigt uns aber auch, was er bereist und essayistisch bearbeitet, bevor er es erzählerisch gestaltet: In einem aufschlussreichen Bericht beschreibt er seinen Besuch in Marfa, Texas, ein Schauplatz seines jüngsten Romans Woraus wir gemacht sind, und in einer Etüde das Zwischengas, das im Roman Der Fall Arbogast gegeben wird, ohne dass der Autor dies jemals selbst getan hätte.
Bei aller Vielfalt gibt es klare Konstanten: ein ausgeprägtes Bewusstsein der geschichtlichen Bedingtheit von uns Heutigen, eine theoretische Durchdringung dessen, was als »Moderne« bis in die Gegenwart reicht, eine große Begeisterung für Verfahren der Fixierung und Übermittlung von Daten, ein Gespür für die Aura von Dingen und Orten und ein ausgeprägtes ästhetisches Empfinden. Vor allem: ein klare, präzise und sinnliche Sprache, die Erfahrung plastisch und Gedanken fassbar werden lässt.