Fernando und Kaliste
Ein Spanischer Roman
Julian Ingelmann, Christian August Vulpius
Eigentlich ist fast jedes Stück, welches Hr. Vulpius schreibt, ein einziger großer Druckfehler‘, urteilt die Allgemeine deutsche Bibliothek über das schriftstellerische Werk von Christian August Vulpius (1765–1816). Dass Goethes Schwager kein Liebling der zeitgenössischen Literaturkritik war, bekümmerte seine Leser indes nur wenig. Denn der Weimarer Vielschreiber traf den Geschmack des Publikums. Seine rund 150 Bücher zeugen nicht nur von einem guten Gespür für den Zeitgeist, sondern auch von großem schriftstellerischen Facettenreichtum: Ritter-, Räuber- und Geistergeschichten veröffentlichte Vulpius ebenso wie Rührstücke, Komödien und Opernlibretti, populärwissenschaftliche Lexika stehen neben historischen Abhandlungen und erheiternden Textsammlungen.
Nach seinem Tod verblasste Vulpius‘ Ruhm jedoch schnell. In die Bücher der Literaturgeschichte ging er allenfalls als Fußnote ein. Nicht einmal sein größter Erfolg, der Räuberroman Rinaldo Rinaldini, konnte ihn vor dem Vergessen bewahren. Doch in den letzten Jahren wird das negative Pauschalurteil, das die Literaturwissenschaft lange von der -kritik übernahm, allmählich korrigiert. Dabei erweist sich Vulpius als lebensnaher und kreativer Beobachter seiner Zeit. Sein Talent als Unterhaltungsschriftsteller zeigt sich besonders gut in Fernando und Kaliste. In dieser literarischen Weltreise präsentiert Vulpius die Suche eines spanischen Edelmanns nach seiner entführten Geliebten als Abenteuergeschichte, die gleichsam als Parodie ihres eigenen Genres gelesen werden kann. Durch seine formale Experimentierfreude stellt sich der Autor mit seinem spanischen Roman außerdem in die Nähe der deutschen Romantik – und das schon Jahre, bevor sie entsteht.