František Palacký (1798-1876)
Der Historiker der Tschechen im österreichischen Vielvölkerstaat
Kommission für die Geschichte der Habsburgermonarchie, Jiří Kořalka
Der Biographie des führenden tschechischen Historikers und politischen Denkers des 19. Jahrhunderts, František Palacký, liegt eine ausführliche Analyse von dessen gesamtem veröffentlichten Werk und der nachgelassenen Papiere in tschechischen, österreichischen und deutschen Archiven zugrunde. Palacký war einer der einflussreichen europäischen Historiker des 19. Jahrhunderts, die ihre mehrbändigen Werke als literarische Erziehungsschriften verfassten. Er ist in erster Linie Begründer des bis heute wirksamen tschechischen Geschichtsbildes, indem er zeigte, dass die Ceši (Böhmen und zugleich Tschechen) ein wichtiger Bestandteil der Gemeinschaft der europäischen Nationen gewesen waren und als eigenständige Nation auch in der Zukunft einen würdigen Platz in Europa einnehmen sollen. In der Existenz kleiner Nationen, die ihre volle staatliche Unabhängigkeit nicht bewahren konnten, sah er das natürliche Gegengewicht zur fortschreitenden Unifizierung und Nivellierung der modernen Welt. Palacký bewertete auch die geschichtliche Rivalität zwischen Katholizismus und Protestantismus positiv und vertrat die Idee der Toleranz zu allen christlichen Konfessionen. Sein Blick ging über die zeitliche Grenze des 19. Jahrhunderts hinaus. Da Palacký seine Hauptwerke zunächst in deutscher Sprache schrieb, sicherte er ihnen eine internationale Verbreitung. Zugleich war er ein tschechischer Österreicher, Verteidiger der Idee der österreichischen Vielvölkermonarchie und Anhänger einer föderalistischen Ordnung in Mitteleuropa. Er war ein tatkräftiger Organisator des wissenschaftlichen Lebens in Böhmen, und als Gründungsmitglied beteiligte er sich aktiv an der Tätigkeit der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.