Gershom Scholem
Politisches, esoterisches und historiographisches Schreiben
Daniel Weidner
‚Lebendiges Judentum‘, schreibt Walter Benjamin 1930 an Gershom Scholem, ‚habe ich in durchaus keiner anderen Gestalt kennengelernt als in dir.‘ Scholem, Historiker der Kabbala, früher Zionist, scharfer Kritiker der jüdischen Assimilation, Freund und Herausgeber Benjamins ist eine schillernde Gestalt und Autor faszinierender Texte. Die in den letzten Jahren veröffentlichten Jugendtagebücher und -briefe geben Einsicht in die Entwicklung des jungen Scholem und die Werkstatt seines Schreibens. Nach heftigen persönlichen Krisen und vehementen Auseinandersetzungen mit seinen Mitzionisten lernt Scholem, ‚im Namen‘ des Judentums zu sprechen. Er eignet sich die jüdische Überlieferung an und entwirft eine Philosophie und Theologie des ‚Kommentars‘. Als Historiker der Kabbala macht Scholem die verschlossene Welt mystischer Texte durch eine dynamische Lektüre zum Kraftfeld jüdischer Identität. Der Band führt einen jungen Intellektuellen auf der Suche nach sich und dem Judentum vor, er untersucht die Verflechtung von politischen, theologischen und wissenschaftlichen Schriften und leuchtet deren intellektual-geschichtliche Kontexte aus.