Giacometti
Die Gestalt als Herausforderung
Michaela Angermair, Véronique Wiesinger
Alberto Giacometti (1901–1966) gilt als einer der größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts, und auch als Maler hat er, insbesondere in seinen späten Jahren, ein bedeutendes, meist monochromes Werk geschaffen. Der Sohn des postimpressionistischen Künstlers Giovanni Giacometti kehrte seiner Heimat, dem schweizerischen Bergell, bereits im Alter von 18 Jahren den Rücken, um eine Genfer Kunstschule zu besuchen und sich nach Studienreisen durch Italien 1922 in Paris niederzulassen. Schnell erlangte er Anerkennung im Kreis der Surrealisten und bei einflussreichen Auftraggebern wie dem Ehepaar Noailles. Als er nach dem Krieg nach Frankreich zurückkehrte, begann er sich für die existenzialistische Ideenwelt zu interessieren und seine ikonischen stabdünnen, übergroßen menschlichen Figuren zu schaffen, die ihn bald international bekannt machten. 1956 vertrat er die Schweiz auf der Biennale von Venedig, 1959 stellte er auf der documenta aus, 1961 gestaltete er auf Becketts Wunsch das Bühnenbild für Warten auf Godot, seit 1964 stehen drei seiner „Schreitenden Männer“ im Innenhof der Fondation Maeght in Saint-Paul-de-Vence, 1965 richtete ihm das New Yorker MoMA eine Retrospektive aus.
Das vorliegende Buch gibt einen ebenso detaillierten wie kompakten und reich bebilderten Einblick in Alberto Giacomettis Leben und Werk. Jenseits aller Klischees vom einsamen und zweifelnden Künstler der existenzialistischen Epoche zeigt die Kunsthistorikerin Véronique Wiesinger (geb.1959) Giacometti in all seiner Widersprüchlichkeit und begibt sich auf die Spur seines avantgardistischen, seriellen Schaffens, das aus dem künstlerischen Prinzip der nie zu erreichenden Vollendung erwächst.