Gigantensturz-Darstellungen in der italienischen Kunst
Zur Instrumentalisierung eines mythologischen Bildsujets im historisch-politischen Kontext
Andreas W. Vetter
Der antike Mythos von der Niederwerfung des Aufstandes der Giganten durch Jupiter und die Götter des Olymp war mit dem Ende der alten Welt aus dem Repertoire der bildenden Kunst verschwunden. Das änderte sich schlagartig zu Beginn der dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts. In drei nahezu gleichzeitig entstandenen Werken in Mantua, Genua und Udine fand die Sage erstmals in der Kunst der Neuzeit eigenständigen Ausdruck. In diesen Fresken wurde das mythische Geschehen zur Legitimation zeitgenössischer Herrschaftsansprüche und bestehender Machtverhältnisse instrumentalisiert und im politischen Kontext der Zeit interpretiert.
Erstmals werden in einer umfassenden Studie die Gründe für die Wiederentdeckung dieses Mythos aufgezeigt. Daneben wird in der im Herbst erscheinenden Publikation aber auch den Wirkungen und Einflüssen nachgespürt, die von den genannten drei Hauptwerken ausgingen. Der ‚Gigantensturz‘ wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als Bildthema geschätzt, das dem Pathos barocken Stilempfindens entgegenkam und zugleich Bedürfnissen aristokratischer Kultur entsprach. Erst der Verfall der Vorherrschaft des Adels und der Übergang zum Klassizismus verursachten daher das Ende der Tradition bildkünstlerischer Beschäftigung mit dem Mythos.