Goethes „Faust“, der Freimaurer-Code und die Vorbilder aus den antiken Geheimkulten wie den Mysterien von Isis und Eleusis
Goethes "Faust"-Dichtung betrachtet als Eingeweihten-Drama im Sinne der Freimaurerei und der antiken Priesterkulte. Eine neue Stufe der Goetheforschung?
George Cebadal
Während es kaum mehr ein großes Geheimnis ist, dass Mozarts „Zauberflöte“ zahlreiche versteckte freimaurerische Botschaften enthält, so scheint dagegen der Freimaurer-Code in Goethes „Faust“-Dichtung seine Geheimnisse in großen und wesentlichen Teilen sogar vor den achtsamen Augen der Literaturwissenschaft wahren zu können. Doch Goethe selbst hatte auf einen geheimen Sinn in seiner „Faust“-Dichtung hingedeutet und diesen folgendermaßen mit Mozarts „Zauberflöte“ verglichen:
„Wenn es nur so ist, daß die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen, wie es ja auch bei der ‚Zauberflöte‘ und andern Dingen der Fall ist.“
Zwar unter dem Deckmantel einer zauberhaften Märchengeschichte, geht es in der „Zauberflöte“ doch noch recht offen um die eingeweihten Priester der Isis und die Einweihung in die Isis-Mysterien („Der Isis Weihe ist nun dein!“). Damit ist Mozarts „Zauberflöte“ Ausdruck einer speziellen Strömung innerhalb der Freimaurerei, die sich in einer Tradition mit den antiken Geheimkulten sah und insbesondere die ägyptischen Kulte als besonders ursprüngliche Vorbilder glorifizierte. Für die Erforschung der antiken Einweihungsmysterien war Ignaz von Borns Wiener Freimaurerloge „Zur Wahren Eintracht“ ein wichtiges Zentrum. Dort war Mozart häufig als besuchender Bruder zu Gast gewesen und durch Carl Leonhard Reinhold gibt es eine direkte Verbindung nach Weimar und im Besonderen zu Schiller.
Der „höhere Sinn“, der Eingeweihten-Sinn, von Goethes „Faust“-Dichtung soll mit dem vorliegenden Beitrag anhand konkreter Quellen wie den wissenschaftlichen Texten von Maurern der Goethezeit (u. a. Born, Kreil, Paine), den Mysterientexten der Alten (u. a. Apuleius, Platon, Plutarch) und weiteren Vergleichspunkten (u. a. Mozarts „Zauberflöte“, Schiller, Kant) zugänglich werden. Dabei werden weitgehende Erklärungen zur „Faust“-Dichtung als Eingeweihten-Drama gegeben und wesentliche Aspekte vorgestellt.