Die fürsorgliche Schreiberin
Fehler- und korrekturanalytische Studie zur Überlieferungsstrategie der spätmittelalterlichen Lohnschreiberin Clara Hätzlerin im Lichte ihrer Reproduktion von Münsingers ‚Falkenbuch‘
Andrea Hofmeister-Winter, Antje Schraberger
Die im 15. Jahrhundert in Augsburg urkundlich bezeugte Lohnschreiberin Clara Hätzlerin fer-
tigte als eine von wenigen uns namentlich bekannten Frauen zahlreiche Abschriften von literarischen
und Fachtexten aller Art an. Diese Studie verleiht ihrer Person dank neuer Erkenntnisse zu ihrer
Biographie deutlichere Konturen und bietet durch eine detail- lierte Untersuchung des historischen
Schreibprozes- ses Gelegenheit zur direkten Begegnung mit dieser Professionistin, indem anhand
ihrer Abschrift von Heinrich Münsingers ‚Falkenbuch‘ eine umfassende überlieferungsphilologische
Analyse ihrer Schreibge- wohnheiten und Korrekturstrategien vorgeführt wird. Durch konsequente
Anwendung bewährter Methoden der niederen und höheren Textkritik sowie der Fehler- linguistik und
Schreibpsychologie konnte zum einen die unmittelbare Vorlage für Claras Abschrift ent- deckt, zum
anderen ein Kompetenzprofil der um ma- ximale inhaltliche und formale Korrektheit des Tex- tes
bemühten Schreiberin mit all ihren individuellen Stärken und Schwächen erstellt werden. Für die
opti- male Nachvollziehbarkeit der vielfach grundlegenden Erkenntnisse sorgt eine online frei
verfügbare Tran- skriptionssynopse der beiden Überlieferungszeugen.