Grundrechte in der mobilen Gesellschaft.
Anne Röthel
Der Automobilverkehr hat den Freiheits- und Wohlstandsvisionen unserer hochmobilen und individualistischen Gesellschaft in besonders anschaulicher Form Gestalt verliehen. Zugleich belasten die Folgen der Auto-Mobilität die auf sozialverträgliches Verhalten ausgelegte Freiheitsordnung des Grundgesetzes. In diesem Konflikt um Nutzen und Nachteil der Auto-Mobilität stehen nicht nur Fußgängern und Anwohnern, sondern auch den Autofahrern Grundrechte zur Seite.
Der Mobilitätsgehalt der Grundrechte wird am Beispiel eines flächendeckenden Fahrverbots für den Kraftfahrzeugverkehr untersucht. Dazu wird zunächst ein Blick auf die verwaltungsrechtlichen Instrumentarien und ihre Rechtmäßigkeitsanforderungen geworfen. Am Ende steht die Frage, ob sich die aus den einzelnen Grundrechtsgarantien extrahierten Mobilitätsgehalte zu einer eigenständigen Mobilitätsgewähr, einem »Grundrecht auf Mobilität«, verdichten lassen.
Auto-Mobilität spielt in die Freiheitsgehalte vieler Grundrechtsgarantien hinein. Beschränkungen der Auto-Mobilität können die Eigentumsgarantie, die Freizügigkeit, die Versammlungsfreiheit, die Berufsfreiheit und nicht zuletzt die allgemeine Handlungsfreiheit berühren. Bei der konkreten Bemessung des Grundrechtsschutzes der Auto-Mobilität treten zentrale Fragen der Grundrechtsdogmatik in den Vordergrund. Die vielfältigen Konkurrenzprobleme verlangen eine überzeugende Radizierung der grundrechtlichen Schutzbereiche. Nach dogmatisch konsequenten und zugleich praktikablen Lösungen rufen der Schutzgehalt und der Schutzumfang des Anliegerrechts, der Begriff des Grundrechtseingriffs sowie die Abgrenzung von Freiheit und Teilhabe. Schließlich rührt die Frage nach einem Grundrecht auf Mobilität als eigenständiger Freiheitsgewähr an die Grenzen der Grundrechtsfortbildung.
Die abschließenden Überlegungen de constitutione ferenda gelangen zu einer rechtspolitischen und verfassungssystematischen Würdigung des Grundrechtsschutzes für die Auto-Mobilität.