„Heilige Tetraktys!“
Herders metakritische Hermetik
Florian Mayr
Die vorliegende Studie möchte erweisen, dass es sich bei dieser metakritischen „Formel einer unendlichen Vernunft“ keineswegs – wie seither oft behauptet – um eine „vorkritische“ Kontrafaktur der Kantischen Kategorientafel handelt, sondern um die eigenwillige Adaption und Entfaltung eines Ansatzes „transzendentaler Hermeneutik“ (Th.M. Sebohm), den Herder bewusst, aber fast stillschweigend dem symbolphilosophischen Arsenal der pythagoreisch-platonischen Tradition entnommen hat, nämlich der Spekulation über die „Heilige Tetraktys“ als dem „Ur-Modell der Seinsordnung“ und „Denk-Inbegriff“ (H.J. Krämer).
Dieser Nachweis geschieht im Rahmen einer quellennahen, durchaus entdeckungsfreudigen Darstellung der vielstimmigen, die zweitausenjärige Geschichte seines Themas immer mitreflektierenden Tetaktys-Diskurses im Deutschland des 18. Jahrhunderts, wobei die schrittweise Zusammenschau der Materialien, die geduldige „Entwölkung“ (Herder) des Sachverhalts durch wiederholte vergleichende Lektüre dem vielschichtigen intertextuellen Charakter des Herderschen Denk- und Schreibstils entspricht.