History Buech Reimenweisz
Geschichte, Bildprogramm und Illuminatoren des Willehalm-Codex König Wenzels IV. von Böhmen. Wien, Österreichische Nationalbibliothek Ser. Nov. 2643
Otto Kresten, Maria Theisen
Der Willehalm-Codex enthält nach der Wenzelsbibel den zweitgrößten, jemals für den König gemalten Minaturenzyklus, der im Gegensatz zu anderen Handschriften seiner Bibliothek durch das Schreiberdatum 1387 zeitlich gut verankert ist.
Im Zuge der Beschäftigung mit der Textgenese legen die Ausführungen der Kunsthistorikerin die Besonderheit dieses Exemplars und damit auch die große Herausforderung an die Maler dar, die dafür Bilder entwerfen sollten: den Wechsel von einem Medium ins andere, von der oralen Tradition zur Schriftkultur, die lange Suche nach einer geeigneten Form, die das an ein größeres Publikum gerichtete, ursprünglich mimisch und musikalisch vorgetragene Heldenepos nun in zweidimensionale visuelle Werte übertragen musste.
Im deutschsprachigen Gebiet ging man um 1270, bald nach Fertigstellung der drei aufeinander bezogenen, von Anfang an der hohen Schriftkultur zugehörigen Epen „Arabel – Willehalm – Rennewart“ daran, die Texte über das Leben des heiligen Wilhelm durch entsprechende Bindung zu einer Vita zusammen zu führen. Doch nichts konnte diese Idee besser zum Ausdruck bringen, als ein gemeinsames, fortlaufendes Bildprogramm. Bald schon entstanden erste Bilderzyklen mit Hunderten von Miniaturen. Die Wahl der zu illustrierenden Szenen fiel naturgemäß von Auftraggeber zu Auftraggeber verschieden aus. Der Schritt, historisierte Initialen in die Willehalm-Trilogie einzusetzen, erfolgte erst sehr spät, und zwar mit dem Willehalm-Codex für König Wenzel IV. Dies ist nicht die einzige Eigenheit des Codex: Jedes der drei Epen erhielt darin eine eigene künstlerische Ausstattung, wobei sich das Bildprogramm hauptsächlich auf das dritte Epos, den Rennewart, bezieht. Vermutlich ist dies auf dynastische Verbindungen Wenzels zu den Dichtermäzenen zurückzuführen.