Hitlers Kriegsreligion
Die Verankerung der Weltanschauung Hitlers in seiner religiösen Begrifflichkeit und seinem Gottesbild
Thomas Schirrmacher
In der vorliegenden Untersuchung wird auf der Grundlage aller verfügbaren Texte und Reden Hitlers seine Verwendung der religiösen Begrifflichkeit untersucht und gezeigt, dass diese sich Hitlers weltanschaulichem Denken so einfügte, dass eine eigenständige Kriegsreligion in scharfem Gegensatz zur christlichen Religion entstand. Dabei wird Hitlers Weltanschauung als von 1919 bis 1945 weitgehend gleichbleibend erwiesen und als Triebfeder seines Handelns verstanden. Aus den Thesen: 3. These: Die religiöse sprachliche Konnotation vieler Begriffe Hitlers, die für sich genommen auch in nichtreligiöser Sprache Verwendung finden (z. B. Reich, Glaube, Segen), wenden sich inhaltlich zu einer Religion, weil diese Begriffe durch das Wirken Gottes zusammengehalten und legitimiert werden. 4. These: Hitler hat in einem Maße wie nie zuvor religiöse Begriffe seiner Umwelt auf politische Belange übertragen. 16. These: Bei Hitler handelt es sich bei Ausdrücken wie „Gott“, „Herrgott“, „Herr“, „Allmächtiger“, „Allmacht“, „Schöpfer“, „Lenker“, „ewiger Richter“, „Vorsehung“, „Schicksal“, aber auch das Walten der Natur und der Naturgesetze, immer um dieselbe Größe. 17. These: Der Gott Hitlers ist ein eindeutig monotheistischer Gott, zugleich aber ein Gott, der mit der christlichen Dreieinigkeit nichts zu tun hat. 21. These: Kern des Gottesbildes Hitlers ist der ‚Kriegsgott‘. Gott hilft dem Stärkeren, dem Kämpfenden, dem an den Sieg Glaubenden. Dafür hat Hitler stehende Redewendungen zitiert und geschaffen, die er wie Glaubenssätze immer und immer wieder vorträgt. 22. These: Hitler hat den Ersten Weltkrieg eigentlich nie beendet, sondern in seiner Weltanschauung fortgesetzt. In Hitlers religiösem und weltanschaulichem Denken war der Krieg nie zu Ende gekommen und würde nie zu Ende kommen. 23. These: Hitlers Glaube ist eine Kriegsreligion, die nicht nur. eine religiöse Begründung für einen Krieg liefert, sondern den fortwährenden Krieg selbst in den Rang des höchsten Gebotes Gottes erhebt und damit auch den Frieden zu einem Krieg bei schweigenden Waffen macht. Thomas Schirrmacher (geb. 1960) ist Professor für Religionssoziologie an der Staatlichen Universität Oradea, Rumänien und hat einen Lehrstuhl für Internationale Entwicklung an der ACTS University in Bangalore, Indien. Außerdem ist er Rektor des Martin Bucer Seminars (Bonn, Zürich, Innsbruck, Prag, Ankara), einer theologischen Hochschule für Berufstätige, und lehrt dort Ethik und Religionswissenschaft. Er studierte Theologie in der Schweiz und den Niederlanden, Vergleichende Religionswissenschaft, Völkerkunde und Soziologie in Bonn und Kulturanthropologie in den USA. Er promovierte in Ökumenischer Theologie (Niederlande), Kulturanthropologie (USA) und mit vorliegender Arbeit in Vergleichender Religionswissenschaft (Deutschland) und erhielt 1997 und 2006 zwei Ehrenpromotionen aus den USA und aus Indien. Thomas Schirrmacher ist Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz und Direktor von deren 2006 gegründeten Internationalen Institut für Religionsfreiheit (Bonn, Kapstadt, Singapur).