Homologie
Das Entstehen des modernen Vertrages im antiken Griechenland
Heinz Barta
Der griechische Vertrag zählt zu den umstrittenen Fragen des griechischen Rechts. Fritz Pringsheim konstatierte in ›The Greek Law of Sale‹ ( 1950 ), der griechische Vertrag » must be re-written, or rather must be written for the first time «. Das Ergebnis solchen Bemühens war die Einsicht, dass es in der griechischen Rechtsentwicklung zu einer frühen Trennung von ›Schuld‹ und ›Haftung‹ sowie zu staatlicher Haftungsanordnung ( und damit zu einer Garantie der Durchsetzbarkeit von Gläubigeransprüchen ) gekommen war.
Als Grundlage diente die Neuinterpretation des Solonischen Fragments / F 76a (Ruschenbusch), das im Sinne von Adele C. Scafuro ( 2006 ) als Fragment » with a Solonian kernal « verstanden wurde. Das römische Recht hat zwar F 76a wörtlich in das Zwölftafel-Gesetz ( ~ 450 v.) übernommen, war jedoch nicht in der Lage, die solonische Lösung zu erhalten, woran noch die moderne Zivilrechtsdogmatik krankt.
Solons Lösung aus den Jahren 594 / 593 v. war die Geburtsstunde des europäischen Privat- und Schuldrechts und der damit geschaffene legistische Freiraum ließ die für die griechische Rechtsentwicklung charakteristische Kautelarjurisprudenz entstehen. Solon hat seine politisch-legistischen Zentralwerte ( Freiheit, Gleichheit und politische Teilhabe ) mit F 76a auf den Vertragsbereich übertragen, was zu Vertragsfreiheit, grundsätzlicher Gleichheit der Vertragspartner und bürgerlich-rechtsgeschäftlicher Teilhabe und als politischer Konsequenz zu sozialer Durchlässigkeit im Sinne von Henry Sumner Maines ›From Status to Contract‹ führte.
Dieses Ergebnis hat einen Paradigmenwechsel zur Folge, dessen Konsequenzen in Ruhe ausgelotet werden sollte.