Idiome, Wissen und Metaphern aus dem Begriffsfeld VERRÜCKTSEIN im Deutschen und im Italienischen
Eine kognitive Studie
Simona Brunetti
Es herrscht in der Phraseologieforschung totales Einverständnis darüber, dass kognitive Modelle und Wissensstrukturen zur Aufdeckung der semantischen Motivation bei bildlichen Wendungen einer Sprache beitragen. Insbesondere verfügen Idiome als hervorragende Einheiten des bildlichen Lexikons über eine feste lexikalische Komponentenstruktur, die wichtige Spuren von ihrer semantischen lexikalisierten Bedeutung enthält. Kognitive Studien über den idiomatischen Bestandteil verschiedener Sprachen zeigen auf, dass übereinzelsprachliche Analogien und Konvergenzen hinsichtlich der konzeptuellen Struktur idiomatischer Wendungen festgestellt werden können. Wo liegt aber das Kulturspezifische? In dieser Untersuchung wird ein Modell erarbeitet, in dem die kognitiven Instrumente „Wissen“ und „Metapher“ in simultaner Kombination angewandt werden, um die Frage der Kulturspezifik zu beantworten. Den Gegenstand der Untersuchung stellen italienische und deutsche Wendungen des Verrücktseins dar, die auf konzeptueller und strukturell-semantischer Ebene gegenüberstellt werden. Besondere Aufmerksamkeit wird auf eine diachronisch skizzierte Geschichte des Wahnsinns gelenkt, die kulturelle, gesellschaftliche und philosophische Aspekte dieses ursprünglich rein medizinischen Phänomens miteinbezieht. Diese Darstellung wird hinsichtlich des Aufbaus einschlägiger universeller Wissensstrukturen erhebliche Daten liefern, die in Zusammenhang mit metaphorischen Prozessen der konzeptuellen Struktur von Idiomen Rechnung tragen. Eine zusammenwirkende Integration von Wissen und Metaphern, von Diachronie und Synchronie, erweist sich als erfolgreiche Herangehensweise der zweisprachigen idiomatischen Untersuchung. Vor allem kann dadurch das angestrebte Ziel der Kontrastierung im deutsch-italienischen Rahmen erreicht werden.