Inklusive Begabtenförderung in der Grundschule
Empirisch basierte Konzeption und erste Evaluation einer Fortbildungsmaßnahme für Lehrkräfte
Heike Ruf-Urmersbach
In den letzten Jahrzehnten ist die schulische und außerschulische Begabtenförderung sowohl in der wissenschaftlichen als auch bildungspolitischen Debatte zunehmend in den Fokus gerückt. Auch in der pädagogischen Praxis hat das Thema der Begabtenförderung mehr an Beachtung gewonnen. Dennoch finden sich nur wenige systematische Evaluationsstudien zu Fortbildungsprogrammen für Lehrkräfte auf dem Gebiet der Begabtenförderung.
Vor dem Hintergrund der defizitären empirischen Befundlage wurde in Form von drei separaten empirischen Studien eine Konzeption für eine Fortbildung für Grundschullehrkräfte zur inklusiven Begabtenförderung in der Grundschule entwickelt und evaluiert. Eine qualitative Interviewstudie mit Grundschullehrkräften sollte eruieren, welche förderlichen bzw. hinderlichen Bedingungen die Lehrpersonen bei der Umsetzung von Fördermaßnahmen für Begabte wahrnehmen, welche Differenzierungsmaßnahmen sie für die Begabtenförderung für geeignet halten und wie sie ihren Unterricht in Bezug auf die Begabtenförderung konkret gestalten (Studie 1). Auf der Basis der Ergebnisse und weiterer theoretischer Überlegungen wurde ein vorläufiges Fortbildungskonzept entwickelt und in bildungswissenschaftlichen Seminaren mit Lehramtsstudierenden erprobt (Studie 2). Das Ziel der prospektiven Evaluation war, mögliche Probleme bei der Umsetzung zu eruieren und eine subjektive Einschätzung des Nutzens der Inhalte und deren Präsentation durch die Studierenden mittels eines Fragebogens zu erheben. Die Ergebnisse waren maßgebend bei der Überarbeitung und Erstellung des endgültigen Konzeptes. Dieses wurde in einer dritten Studie an Grundschullehrkräften im Rahmen einer Fortbildung auf seine Wirksamkeit im Pretest-Posttest-Design mit Experimental- und Kontrollgruppe im Längsschnitt überprüft.
Die Ergebnisse der Studie deuten an, dass auch eine halbtägige Fortbildung zur inklusiven Begabtenförderung einen veränderten Umgang der Lehrkräfte mit einer heterogenen Lerngruppe unter besonderer Berücksichtigung der Begabten bewirken kann. Es ergaben sich Hinweise für eine positive Einstellungsänderung der Lehrkräfte durch die Intervention, so z. B. eine geringere Einschätzung des Arbeits- und Zeitaufwandes zur Vorbereitung und Durchführung von Begabtenfördermaßnahmen und einer höheren Anwendungshäufigkeit von einzelnen Differenzierungsmaßnahmen nach der Fortbildung.