Irgendwann lebte Gerhard
Aufzeichnungen eines jungen Deutschen 1923-1948
Gerhard Sedding
Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, des Aufstiegs Hitlers und des Zweiten Weltkriegs bis hin zu den ersten Nachkriegsjahren erzählt Sedding (geb. 1923) seine eigene Geschichte.
„Und was bleibt?
Die Bilder sind da, die inneren, von Zeit zu Zeit quellen sie empor, drängen sich in Atem und Herzschlag, du lebst wieder mitten in ihnen. Manche wärmen dich. Andere aber krallen sich ein, lassen dich nicht los. Oder sie jagen dich wie Videoclips von einer damaligen Situation zur anderen. Einige Male werfen sie dich in die Kissen, das laute Schluchzen zu unterdrücken, die Tränen.
Du musst aufschreiben, was damals geschah. Es jüngeren Menschen, anderen Generationen verständlich machen, die äußeren Geschehnisse, die innere Verblendung, das sich steigernde Verstricktwerden, das Versagen. Sprechen für die, die es nicht mehr können.
Aus welchen Verflechtungen dieser junge Mensch in den Krieg hineinwuchs: Familie und Kindheit zwischen Inflation und Wirtschaftskrise. Schule und Internat im Nationalsozialismus.
Und wie das war im Krieg: 1941 mit achtzehn Jahren als Infanterist von Ostpreußen bis vor Moskau. 1943 Führer einer Frontkompanie in der Ukraine. 1944/45 Chef einer Kompanie russischer Freiwilliger in Italien …
Aber auch, wie es nach dem Krieg mit ihm weiter ging: In den Wirren der Kriegsfolgen. Im besetzten und geteilten Land, der geteilten Familie. Die tastende Suche nach dem eigenen Weg.