Johann Christian Reinhart (1761-1847) – Eine Dokumentation in Bild und Wort
Band 6, Teilband 1: Die letzten Lebensjahre des zum Denkmal seiner selbst gewordenen Nestors der Deutsch-Römer (1845-1847)
Manfred Pix
Im vorletzten Jahr seines Lebensabends vollendet Johann Christian Reinhart das von seinem verehrten Gönner König Ludwig I. von Bayern bei ihm im Atelier 1844 gesehene und bestellte unfertige Gemälde Die Erfindung des korinthischen Kapitells durch Kallimachos. Sein letztes in Öl gemalte Werk fußt auf der bildhaft ausgeführten Zeichnung von 1812, die Reinhart noch im gleichen Jahr begann für ein von König -Maximilian I. Joseph von Bayern bestelltes Gemälde auf die großformatige Leinwand zu übertragen. Es war 1813 unter- und teilweise übermalt, wurde aber trotz Zahlung eines Vorschusses nicht vollendet. 1837 schreibt er an Georg von Dillis in München: Was meinen Sie, wenn ich das für den hochseeligen König angefangene und so lange leider bei Seite gesetzte Bild wieder aufnähme, oder an dessen Stelle etwas Anderes machte? Erstlich habe ich es zu gross angefangen und zweitens habe ich zuviel darauf gemacht, so dass ich später, da mir die Composition nicht mehr gefiel, die Lust daran verloren und es so bei Seite gesetzt habe. Das Malen geht ihm jetzt wesentlich langsamer von der Hand. Seine zweite Leidenschaft, die Jagd, hat er schon vor einiger Zeit wegen mangelnder Beweglichkeit aufgegeben. Umso intensiver setzt er sich mit den gesellschaftlichen Zeitfragen auseinander und greift dabei eine dritte Lieblingsneigung seiner jungen Jahre mit Friedrich Schiller wieder auf: die Dichtung als Ausdruck seiner Gesinnung. Zwei Ereignisse bestimmen sein Leben im letzten Jahr. Erstens die Wahl von Giovanni Maria Graf Mastai-Ferretti am 16. Juni1846 nach nur zweitägigem Konklave im vierten Wahlgang zum Papst und dessen Krönung am 21. Juni als Pius IX. Der entschiedene Protestant stimmt in den allgemeinen Enthusiasmus, mit dem die Römer den neuen Souverän des Kirchenstaats begrüßten, ein, bringt am Abend mit seinen Freunden bei einem Glas Wein einen Toast auf den Hoffnungsträger aus, schenkt ihm als erstem der sechs Päpste, die er bislang erlebt hat, seine ganze Protektion und besingt ihn mit einem Gedicht. Zum Zweiten die erneute Ankunft von Heinrich Wilhelm Stieglitz in Rom. Reinhart erhält in dem 40 Jahre jüngeren Schriftsteller und Dichter einen geliebten zweiten Sohn, dem er in vielen Stunden sein Herz öffnet, aus seinem langen Leben erzählt und seinen literarischen Nachlass überlässt. Das noch in Rom begonnene Lebensbild Reinharts kann er jedoch nicht vollenden. Er stirbt am 23. August 1849 an der Cholera in Venedig, wohin er Ende August 1847 zurückgekehrt ist. Am Vortag des letzten Cervara- Fests am 29. April 1847 befällt Reinhart ein Brustkrampf. Er leidet in der Folgezeit an asthmatischen Beklemmungen. Ein Aderlass bringt keine Befreiung, hat vielmehr eine Herzwassersucht zur Folge, die in der Nacht vom 8. auf den 9. Juni eine halbe Stunde nach Mitternacht zu seinem plötzlichen Tod führt. Den feierlichen Leichenzug am Morgen des 11. Juni zu dem neuen protestantischen Friedhof am Monte Testaccio nahe der Cestius-Pyramide bilden 45 Wagen und viele andere Freunde des Verstorbenen. Am Abend versammeln sich die in Rom lebenden deutschen Künstler zu einer würdigen Totenfeier in den Hallen des Deutschen Künstlervereins. Am Ende beschließen sie ihm einen Denkstein zu setzen und wählen zu diesem Zweck ein Komitee. Mit der Errichtung des Denkmals im September 1852 endet die Dokumentation. In einem umfangreichen Anhang werden das vor wenigen Jahren in einer bayerischen Fernsehsendung aufgetauchte Skizzenbuch Reinharts, das die Jahre 1823 bis umfasst, und die Nachträge zu den Bildern und Dokumenten der Bände 1 bis 5 vorgestellt. Ein Quellen- und Literaturverzeichnis erschließt die abgekürzten Zitate. Den Abschluss bildet ein Personenregister in Teilband 2.