Johann Joseph Couven (1701-1763)
Architekturentwürfe für Stadt, Adel und Kirche
Anke Kappler
Das Rheinland kann nicht für sich beanspruchen, als eine ausgeprägte Landschaft der Barockarchitektur zu gelten. Deren Geringschätzung im 19. Jahrhundert und vor allem die verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg haben hier den Bestand an Bauzeugnissen des Barock, hauptsächlich im Bereich der Wohnkultur, zusätzlich erheblich reduziert. Gerade vor diesem Hintergrund ist ein Erforschen der Baukunst aus der Zeit des Barock in besonderer Weise ebenso dringlich wie verdienstvoll.
Die Autorin der vorliegenden Untersuchung, Anke Kappler, hat dieses vorbildlich geleistet durch die akribische Auswertung des umfangreichen Planmaterials von Johann Joseph Couven, der für Aachen und seine Nachbarregion als besonders prominenter Barockarchitekt gelten muss.
Sein Wirken weitab der großen europäischen Zentren verschaffte ihm zwar keine der absolutistischen Hofkultur vergleichbaren Aufträge. Doch ermöglichen es seine zahlreichen überlieferten Zeichnungen aufs Anschaulichste nachzuvollziehen, wie vor allem in Frankreich entwickelte Baulösungen regelhafter Fassaden und systematisch organisierter Grundrisse sich auch im bürgerlichen Umfeld durchzusetzen vermochten. Die Vorreiterrolle, die Couven in seiner Heimatstadt Aachen einnahm, führte ihn zu einem intensiven Austausch mit prägenden Architekten seiner Zeit, allen voran dem Aachener Baumeister Laurenz Mefferdatis sowie dem westfälischen Hofarchitekten Johann Conrad Schlaun. In der Auseinandersetzung mit lokalen Bautraditionen gelang es Couven, progressive Architekturkonzepte den Anforderungen seiner Auftraggeber anzupassen. Dieser Weg der Adaptation innovativer Einflüsse auf die Bedingtheiten regionalen Bauschaffens wird anhand des Planmaterials hier erstmals kenntnisreich dargelegt.
In der Freien Reichsstadt Aachen 1701 geboren und dort 1763 gestorben, war Johann Joseph Couven nicht zuletzt durch seine Ratstätigkeit als Gerichtsschreiber aufs Engste mit den örtlichen Patriziergeschlechtern verbunden, die ihm wichtige Aufträge zukommen ließen. Bereits zu Beginn seiner Architektentätigkeit setzte er dort mit der Rathausfassade ein repräsentatives Zeichen, indem er sie ganz im Sinn eines reichsstädtischen Souveränitätsanspruches umgestaltete. Dass Couven auch bei städtebaulichen Infrastrukturmaßnahmen für das heimische florierende Kurwesen sowie bei der Einrichtung des ersten bürgerlichen Theaters in Aachen überzeugende Entwürfe fand, wird anhand des Planmaterials eindrucksvoll deutlich.
Doch sollten vor allem die im Auftrag von hochadeligen Kurgästen von Couven entworfenen Schlossbauprojekte das Wissen über seine Architektentätigkeit entscheidend erweitern. So konnten allein auf der Grundlage von Zeichnungen eine sehr genaue Vorstellung von bedeutenden Bauprojekten Couvens gewonnen werden, wie es vorzüglich die Plankonvolute für zwei Jagdschlösser an Rhein und Maas sowie ein Residenzschloss in Schottland vermitteln. Darüber hinaus prägte Couven das benachbarte Kurbad Burtscheid ebenso wie die Sakralbaukunst in Niederländisch- und Belgisch-Limburg in Architektur und Ausstattung.
Die beigefügte DVD bietet über einen digitalen Katalog Zugriff auf sämtliche bislang bekannte Planvorlagen Couvens, die im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen und in anderen Archiven von der Autorin aufgefunden wurden. In dieser umfangreichen Fotodokumentation werden die etwa 700 Zeichnungen erstmals thematisch dargestellt und zugleich Perspektiven für die künftige Forschung aufgezeigt.