Johannes Haller und Karl Straube. Eine Freundschaft im Spiegel der Briefe
Edition und Kommentar.
Herbert Zielinski
Der Historiker Johannes Haller (1865–1947) und der Leipziger Thomaskantor Karl Straube (1873–1950) zählen auf unterschiedlichem Terrain zu den einflussreichsten deutschen Intellektuellen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Während Hallers mehrbändiges Werk „Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit“ bis heute als grandiose Darstellungsleistung gilt, hatte Straube maßgeblichen Anteil am Aufschwung der Kirchenmusik im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
Insofern ist es ein Glücksfall, dass aus der langjährigen Korrespondenz der beiden freundschaftlich verbundenen Persönlichkeiten ca. 60 Briefe erhalten blieben, die entweder, wie im Falle der Briefe Hallers, gänzlich unbekannt waren oder noch nicht publiziert worden sind. Sie werden nun in einer reich kommentierten und mit einer kenntnisreichen Einleitung versehenen Edition der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
In der Korrespondenz geht es um Privates und Berufliches, etwa um die Musik, die beiden am Herzen lag, oder um die Arbeiten des Historikers, aber auch um klassische Literatur und Neuheiten auf dem Buchmarkt. Die Tagespolitik schwingt dabei stets im Hintergrund mit. Was speziell Haller über die militärische Situation und die Zukunft Deutschlands gegen Ende des Zweiten Weltkriegs äußert, ist wirklichkeitsfremd und beklemmend zugleich. Da die beiden Freunde die Kunst des Briefeschreibens in vollendeter Weise beherrschen, ist diese Edition neben ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung auch stilistisch ein Genuss.****************The historian Johannes Haller (1865–1947) and the Cantor of St Thomas’s church in Leipzig Karl Straube (1873–1950) are in their different spheres among the most influential German intellectuals of the first half of the 20th century. While Haller’s multi-volume work on the Papacy, „Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit“ is still valued today as a grandiose achievement, Straube played a significant role in the revival of church music in the first third of the 20th century.
It is therefore a fortunate chance that some 60 letters survive from the long correspondence between the two friends; some, as in the case of Haller’s letters were completely unknown, while others have never been published. Now they have been made available to an interested audience in a richly annotated edition with a well-informed introduction.
The correspondence concerns both private and professional life; music, which was close to both their hearts; the work of the historian; and also classical literature and newly-published books. Everyday politics is always present in the background. Haller’s words in particular about the military situation and the future of Germany towards the end of the Second World War are both fanciful and nightmarish. Because the two friends were consummate masters of the art of letter-writing, this edition is not only of significance for the history of art but also a stylistic pleasure.