Kaiser Julians Gesetzgebungswerk und Reichsverwaltung
Raphael Brendel
Während die Religionspolitik von Julian („Apostata“), dem letzten heidnischen römischen Kaisers, intensiv erforscht ist, fand seine Gesetzgebung nur wenig Beachtung, so dass nur einzelne Verordnungen als (scheinbar) religionspolitische Maßnahmen größere Beachtung fanden. In dieser Studie werden erstmals vollständig sämtliche mit Julian in Verbindung stehenden Gesetzestexte gesammelt, in Übersetzung vorgelegt und ausgewertet. Dabei stehen neben der Exegese der einzelnen Texte folgende Fragen im Vordergrund: Lassen sich in Julians Gesetzgebung übergeordnete Tendenzen (Christenfeindlichkeit, Abneigung gegen Konstantin) nachweisen? Kann Julian wirklich als herausragender Reformkaiser gelten? Und wie gingen seine Nachfolger mit den von ihm erlassenen Gesetzen um? Zudem wird versucht, auf Basis des konkreten Falles Julian weitere Erkenntnisse für die spätantike Gesetzgebung im Allgemeinen zu gewinnen: Welche Rolle spielten Neuerungen und reine Bestätigungen des geltenden Zustandes? Wann kann ein (spät)antikes Gesetz als Erfolg angesehen werden? Welche Vorgehensweise wandten die Kompilatoren der spätantiken Gesetzescodices bei der Aufnahme und Bearbeitung der Gesetzestexte an? Zum ersten Mal überhaupt werden in dieser Studie die spätantiken und frühmittelalterlichen Kommentare zu den großen Gesetzescodices systematisch als Parallelüberlieferung herangezogen. Dabei zeigt sich, dass die zusätzlichen Angaben der Kommentatoren oft nützliche Hinweise bieten, um einzelne Gesetze besser zu verstehen. Als Resultat der Studie ergibt sich, dass Julians Gesetzgebung stark von Pragmatismus und den alltäglichen Notwendigkeiten geprägt war und darauf abzielte, anfallende Probleme zu lösen, ohne dabei die Rechtslage übermäßig zu verändern. Julians Gesetze sind also weder ein großes Reformwerk noch eine legislative Absicherung seiner Religionspolitik. Gerade die Feststellung aber, dass Julian seinen Vorgängern und Nachfolgern als Gesetzgeber erheblich ähnlicher ist als oft angenommen, ermöglicht es, die gewonnenen Erkenntnisse auch als Grundlage für weitere Studien zur Gesetzgebung der Spätantike zu verwenden.